Streik: Berufsfischer Günter Ihnken aus Horumersiel ist derzeit zum Nichtstun verurteilt
Volle Lagerhäuser und gute Fänge im Winter haben den Krabbenpreis ins Trudeln gebracht.
Von Wolfgang Koppen
HORUMERSIEL – Wenn Günter Ihnken dunkle Gewitterwolken über sich aufziehen sieht, dann ist das nicht dem Wetter, sondern vielmehr seinem Berufsstand, der Küstenfischerei, geschuldet.
Der Horumersieler betreibt seit 1977, zuerst zehn Jahre im Neben- und danach im Vollerwerb, mit seinem Kutter „Falke“ Krabbenfischerei – und der fehlt es derzeit am nötigen Handbreit Wasser unterm Kiel. Wie berichtet, ist die Erzeugergemeinschaft der Küstenfischer im Weser-Ems-Gebiet, zu der auch Ihnken gehört, insolvent. Der Grund dafür liegt in einer Geldstrafe von 250 000 Euro (plus Gerichtskosten), die vom niederländischen Kartellamt verhängt wurde, und bis Mitte Mai zu zahlen ist. Zwar ist Günter Ihnken selbst von der Insolvenz nicht betroffen, aber, so sagt er, „das ist natürlich für den Berufsstand insgesamt alles andere als schön, und eine zusätzliche Belastung“.
Dies ist aber nur einer der Gründe, die Ihnken derzeit zusetzen, denn der vom Landesfischereiverband Weser-Ems zu Ostern als Streik verhängte Fangstopp, der ursprünglich am Sonntag enden sollte, wurde bis wahrscheinlich Ende dieser Woche verlängert. Günter Ihnken und seine „Falke“ sind also weiterhin zum Nichtstun verurteilt – während die Festkosten seines Betriebes munter weiter laufen. Grund für den Streik ist die Forderung der Fischer nach drei Euro pro Kilogramm Krabben. Die bisherigen Angebote des Großhandels liegen mit 2,25 Euro deutlich darunter, ein Streikende ist derzeit dann auch nicht in Sicht.
Seit dem Günter Ihnken in der Krabbenfischerei tätig ist, funktioniert diese nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, wird gesteuert von Angebot und Nachfrage. „Das ist eben so, und hat bislang auch immer geklappt. Wenn die Fangmengen gering waren, dann war der Preis hoch, wenn die Fangmenge hoch war, dann war der Preis gering“, sagt er.
Und extrem große Fangmengen bereiten derzeit Probleme, sie haben den Kilopreis für Krabben unter eine Grenze gedrückt, die eine wirtschaftliche Betriebsführung für die einzelnen Küstenfischer unmöglich macht. „2010 war von den Fangmengen her ein sehr gutes Jahr. Und auch im vergangenen Winter gab es, so wie im Moment ebenfalls, Krabben in Hülle und Fülle“, macht Ihnken deutlich. Dieses Überangebot habe bei den Großhändlern zu vollen Lagern geführt, und den Krabbenpreis auf Talfahrt gebracht.
Die alleinige Schuld an diesem Dilemma will der 58-Jährige aber nicht alleine den Großhändlern geben. „Sicher, die haben alles aufgekauft, was auf dem Markt war. Aber auch die Fischer haben alles an Land geholt, was nur möglich war“, sagt er. Er selbst halte zwar von Dezember bis März Winterpause, aber das würden längst nicht alle Krabbenfischer machen. „Die Lagerbestände können dann aber nicht abgebaut werden, weil immer neue Fangmengen hinzu kommen. Das muss irgendwann zu einem Überangebot führen“, macht der Horumersieler deutlich. Die Folge: Die Großhändler unterbieten sich gegenseitig, um ihre Lager doch noch leer zu bekommen. Und der Krabbenpreis rauscht endgültig ab –in die Tiefe.
Für Günter Ihnken gibt es nur eine Lösung, um diese Probleme ein für alle mal in den Griff zu bekommen: „Jeder Fisch ist quotiert, nur die Krabbe nicht. Und bei der muss jetzt auch die Fangmenge begrenzt werden. Eine Summe X pro Schiff und Jahr. Wann der Fischer die fängt, ist ihm überlassen“, erklärt er. Nur so ließen sich die Preise für Krabben stabilisieren. Unterm Strich heraus kommen müsste für einen Betrieb in seiner Größenordnung drei Euro pro Kilo bei Begrenzung auf zwei Tonnen Fang pro Woche. Damit lässt sich ein Betrieb wie seiner gesund führen, hat er ausgerechnet.
Eine Begrenzung der Fangmenge hält er aber auch noch aus einem anderen Grund für sinnvoll: Die Fischer könnten ihre Arbeitszeiten freier gestalten. „Haben sie ihre Fangmengen zusammen, dann müssen sie nicht mehr raus fahren. Das spart ja auch an Betriebskosten“, so der Wangerländer.
In den nächsten Tagen, vielleicht Ende der Woche – Günter Ihnken hofft auf ein baldiges Ende des Streiks. Denn zum einen zehrt sein Angestellter, dem er streikbedingt nicht kündigen wollte, an den Rücklagen, zum anderen hält er den abrupten vollständigen Stillstand des Krabbenmarktes für grundsätzlich schlecht. Was er bis zum Streikende macht? „Ja, Netze flicken, Netze stricken und ein paar Reparaturen am Schiff“, sagt er. Und dann muss er am Donnerstag noch ein Fernsehteam nach Minsener Oog bringen – allerdings ohne Fanggeschirr an Bord.
Bildnachweis: Günter Ihnken und sein Krabbenkutter “Falke” im Hafen von Horumersiel. Fotos: Wolfgang Koppen
3 Kommentare zu „Auch für Krabben muss eine Quote her“