Der Radfahrer, verkehrsberuhigend…

Es mutet ja fast ein bisschen peinlich an, wenn Parteien vor Kommunalwahlen plötzlich Themen wieder hervorkramen, von denen sie schon vor zwanzig Jahren gesagt haben, sie seien „dringlich“, wie das im Politikerjargon so heißt. Doch es kam wie es kommen musste, wenige Monate vor der Stadtratswahl in Jever geht es plötzlich wieder um ein „Fahrradförderungskonzept“.

Nicht dass so sein Konzept nicht wirklich „dringlich“ wäre. Im Gegenteil. Es gibt in der Stadt so viele Stellen, an denen Radfahrer entweder ratlos vor unübersichtlichen Verkehrssituationen stehen oder wo sie sich schlicht rechtswidrig verhalten müssen, um nicht über den Haufen gefahren oder weggehupt zu werden – oder wo sie als Radfahrer besser vom Rad steigen, um nur ja nichts falsch zu machen. Es muss also etwas getan werden, und das haben die Politiker ja auch erkannt, nur: Warum haben sie eigentlich in den vergangenen zwanzig Jahren nichts getan?

Nun entpuppt sich Nichtstun ja manchmal als Weitsicht, oder vermeintliche Fehler stellen sich hinterher als goldrichtig heraus. Es gab da also mal eine Diskussion um den Ausbau der Anton-Günther-Straße, in der ein dort wohnendes Ratsmitglied durchsetzte, dass kein Radweg gebaut wurde, mit der frappierenden Erklärung: Wenn Radfahrer auf der Straße führen, könnten Autos dort nicht so schnell fahren. Verkehrsberuhigung mithilfe weicher Verkehrshindernisse sozusagen.

Doch jetzt, ein Vierteljahrhundert später, darf der verblüffende Beschluss von damals als Pioniertat kluger Verkehrspolitiker gewürdigt werden: Im Bau- und Verkehrsausschuss des Landkreises erfuhren die Mitglieder am Donnerstag, dass es wohl bald ein Ende haben wird mit der Radwege-Benutzungspflicht, jedenfalls innerorts. Denn es sei gesicherte Erkenntnis, dass Radfahrer auf der Fahrbahn zu besserem Sichtkontakt zwischen ihnen und Autofahrern führten und dass die Zahl schwerer Abbiegeunfälle mit teils tödlichem Ausgang deutlich verringert würde. Im Übrigen seien Radwege innerorts oft zu schmal, durch Hindernisse verstellt, in schlechtem Zustand. Das hat der Gesetzgeber festgestellt.

Scheint fast so, als ob er sich in Jever umgeschaut hätte…

Autor: Helmut Burlager, 15. Mai 2011

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