Vom Einkaufen in alten Zeiten

Legendär: das Früchtehaus Sjuts in Jever. Dieses Foto und viele andere finden sich in der Beilage des Jeverschen Wochenblatts und in der Ausstellung im Schlossmuseum Jever mit dem Titel "Sie schauen noch?"

Meine erstes Erlebnis in Jever war ein Einkaufserlebnis. Ich war damals, vor 35 Jahren, vorübergehend in einer Nachbarstadt tätig, deren Namen ich jetzt gerade mal nicht nennen möchte. Am Wochenende fuhr ich nach Hause zu Frau und Kind und wollte ein Geschenk mitbringen. In besagter Nachbarstadt wurde ich nicht fündig, da riet mir ein Kollege, nach Jever zu fahren, da gebe es alles.

Gesagt, getan, ich setzte mich in den VW Käfer, fuhr über die alte Bundesstraße in die Stadt hinein, stieß zuallererst auf gepflegte Graften und weitläufige Grünanlagen, dachte mir: ein schönes Städtchen. Konnte mit dem Auto direkt vors Geschäft fahren, fand aber nur schwer einen Parkplatz, stieg dann aus, ging hinein zu Radio Schubert und kaufte die Schallplatte, die mir vorgeschwebt hatte.

Den alten Herrn Schubert, der mich so freundlich bedient hatte, traf ich später immer wieder, als ich schon in Jever wohnte, weil ich dort Stammkunde wurde. Ersatzschlüssel für die erste Wohnung ließen wir bei C.F. Onken anfertigen. Die erste Waschmaschine kauften wir bei Fernseh Langer, Spielzeug bei Spielwaren Müller oder bei Teske, Kurzwaren fand man bei Otto Rastede, Bücher bei Tolksdorf, Gardinenstoffe bei Marth, Hosen bei Hanenkamp. Für meine Chefin kaufte ich „Roth-Händle“ ohne Filter bei Mally und für die Kollegen Gin und Tonic bei Feinkost Neumann. Milchmann Wessels kam morgens mit dem Wägelchen zur Druckerei und bot gesunde und weniger gesunde Getränke an. Milch kauften wir aber nicht bei Wessels, sondern die brachte Milchmann Janssen aus der Großen Wasserpfort-straße, Ecke Lindenallee, noch mit seinem Pferdefuhrwerk zu den Leuten nach Hause.

Meine erste Serie fürs Jeversche Wochenblatt schrieb ich über Bürstenmacher Klose, Messerschleifer Janssen, Korbmacher Fischer und Mützenmacher  Wessels. Sie alle betrieben damals noch ihre Handwerksbetriebe und Verkaufsläden in der Schlachtstraße. Wir legten diese Artikelserie auf, weil wir schon ahnten, dass es nicht mehr lange gutgehen würde mit diesen Geschäften, deren Inhaber ziemlich alt und deren Kinder ganz andere Wege gegangen waren. Es war die Zeit, als über das Für und Wider von Fußgängerzonen diskutiert wurde. In Jever gab es sie noch nicht, anders als in Varel, Aurich, Leer oder Norden. Ging man in Jever durch die Neue Straße, musste man aufpassen, dass die Kinder nicht auf die Fahrbahn liefen und dass man auf den schmalen Bürgersteigen nicht von vorbeifahrenden Autos nass gespritzt wurde.

Das alles ist nur etwas mehr als 30 Jahre her, und es zeigt, wie sehr sich auch unsere kleine Welt in Jever verändert hat. Die Ausstellung „Schauen Sie noch? Historische Geschäfte in Jever“ hat sich  zum Ziel gesetzt, diesen Wandel zu dokumentieren und an einigen charakteristischen Beispielen deutlich zu machen, wie und warum sich die Dinge verändert haben. Zu sehen ist die Ausstellung im Schlossmuseum Jever zu den normalen Öffnungszeiten bis zum 30. Januar 2012.

Bericht über die Ausstellungseröffnung hier  

Zum Schlossmuseum gehts hier: www.schlossmuseum.de

Im Jeverschen Wochenblatt ist eine umfangreiche Beilage zu der Ausstellung erschienen. Downloaden kann man sie hier 

(Der Beitrag von Helmut Burlager erschien in etwas anderer Form in der Beilage des Jeverschen Wochenblatts zur Eröffnung der Ausstellung im Schlossmuseum, Titel „Sie schauen noch? Historische Geschäfte in Jever“)    www.jeversches-wochenblatt.de

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