Alma will naa Afrika

Uroma, Tochter, Enkelin und Urenkelin reisen gemeinsam nach Gambia

Urgroßmutter möchte das Land kennenlernen, aus dem der Vater des jüngsten Sprosses der Familie stammt.

Von Helmut Burlager

Jever/Spetzerfehn – Aufgeregt? „Nein, warum?“, fragt Alma Rodyk zurück. Es ist schließlich nicht ihre erste große Reise, sie war in Kanada, Florida, New York und an vielen anderen Orten. Das ist zwar schon eine Weile her, doch vor dem, was sie jetzt vorhat, macht die 82-Jährige sich auch nicht bange. An diesem Dienstag, 25. Februar, geht es nach Gambia. Das ist das kleinste Land Afrikas, nicht einmal so groß wie Schleswig-Holstein, liegt sechs Flugstunden von Deutschland entfernt an der Westküste des Kontinents, im tropischen Klima, und ist nicht gerade das erklärte Ziel von Seniorenfahrten.

Wegen der kleinen Jaye und mit ihr zusammen reisen Maike Neunaber, Alma Rodyk und Antje Neunaber nach Gambia. Am 25. Februar geht es los. Foto: Helmut Burlager
Wegen der kleinen Jaye und mit ihr zusammen reisen Maike Neunaber, Alma Rodyk und Antje Neunaber nach Gambia. Am 25. Februar geht es los.
Foto: Helmut Burlager

Alma Rodyk reist aber auch nicht der Erholung, sondern der Familie wegen. Und sie fliegt nicht allein. Es geht im Quartett von Hamburg über Frankfurt nach Banjul. Vier Frauen, vier Generationen. Die Spetzerfehntjerin wird von ihrer Tochter Antje Neunaber, ihrer Enkelin Maike und ihrer Urenkelin Jaye begleitet. Es ist eine Reise zu den Wurzeln des jüngsten Sprosses.

„Meine Familie hat schon geahnt, dass ich keinen Ostfriesen heiraten würde“, sagt Maike Neunaber (39), die in Hamburg lebt und mit ihren Eltern Antje und Hermann Neunaber in Jever ein Reiseunternehmen aufgebaut hat. So war die Nachricht, dass sie mit einem Afrikaner zusammen ist, für die Angehörigen denn auch keine so große Überraschung. 2010 hatten sie und Juldeh Baldeh sich während der Fußballweltmeisterschaft in einem Hamburger Lokal kennengelernt. Sie mochten sich auf Anhieb, der Kontakt riss nicht wieder ab, ein Jahr später waren sie ein Paar. Der 48-jährige Gärtner, der seit mehr als 25 Jahren in Hamburg lebt, stellte sich schließlich auch in Jever und Spetzerfehn vor, seither gehört er zur Familie. Am 1. Juli vergangenen Jahres, am Geburtstag von Juldeh, wurde die kleine Jaye geboren und ist seitdem als erstes Enkel- und Urenkelkind der Sonnenschein für alle.

Wer wie Alma Rodyk Anfang der dreißiger Jahre geboren wurde, könnte sich schwer tun mit dem Gedanken, dass die Enkelin mit einem Mann aus einer völlig fremden Kultur zusammenlebt. „Mein Mann“, sagt die verwitwete 82-Jährige, „hätte vielleicht eine etwas andere Meinung dazu gehabt, aber er hätte es letztlich auch akzeptiert.“ Für sie selbst war es keine Frage: Nach der ersten Begegnung in Hamburg fand sie: Er ist nett, er strahlt etwas aus. Kein Grund für Reserviertheit gegenüber dem Dunkelhäutigen. Deshalb war die Freude auch groß, als sie von der Schwangerschaft der Enkelin erfuhr und erst recht, als der Nachwuchs dann endlich da war. Ein bisschen dunkler im Teint als die meisten Babys, aber: „Ein ganz normales Urenkelkind für mich – und so schön“, sagt Alma Rodyk. Dass die Kleine „fix und gesund“ sei und ihre Enkelin so glücklich, das sei für sie das Schönste.

Weihnachten erfuhr sie, dass ihre Tochter und ihre Enkelin eine Reise nach Gambia planten, um der Familie von Juldeh die kleine Jaye vorzustellen. Etwas ungläubig hörten die anderen, als Alma Rodyk unvermittelt sagte: „Das könnte mich auch reizen!“ Sie erbat sich etwas Bedenkzeit, sprach auch mit ihren beiden Söhnen Johann und Reiner, die fanden die Idee gut. Dann entschied sie: „Ich komme mit!“

So geht es nun diesen Dienstag nach Afrika. Nicht ganz in das entlegene Dorf am Gambia-Fluss, aus dem Juldeh stammt, das wäre dann doch zu beschwerlich, sondern nach Serrekunda, einem Badeort nahe der Hauptstadt Banjul, wo sich dann Verwandte des Schwieger-Enkelsohns einfinden werden und wo sie gewiss den Eindruck von der afrikanischen Lebensweise bekommen wird, der das Motiv ihrer Reise ist: „Ich möchte schon gern wissen, wie das da ist, wo der Vater meiner Urenkelin aufgewachsen ist“, sagt Alma Rodyk.

Tochter und Enkelin waren überrascht und erfreut. „Dass sie sich das zutraut …“, sagt Maike und spricht den Satz nicht zu Ende. Weniger überrascht war der Freundeskreis von Alma Rodyk, dem hat sie schließlich von Beginn an mit großem Stolz von ihrer ersten Urenkelin erzählt. Seit bekannt wurde, was die vier Frauen vorhaben, heißt es in Spetz nur: „Alma will naa Afrika!“

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