Ostfreesen kannst överall bruuken
Der Mann aus dem ostfriesischen Schoonorth ist Geschäftsführer der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation
Von Helmut Burlager
Norden/Bonn – Vermutlich wäre er heute Sparkassendirektor in Ostfriesland, wäre da nicht die Bundeswehr gewesen. Bei der 4. Luftwaffendivision in Aurich hat Niclaus Bergmann „gedient“, und hätte es nicht diese kleine Unterbrechung gegeben, hätte er seine in Norden begonnene Karriere sicher auch dort fortgeführt.
Niclaus Bergmann, Jahrgang 1964, lebt heute mit seiner Familie in Bonn. Foto: Helmut Burlager
Stattdessen ist der Ostfriese heute Geschäftsführer der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation in Bonn, einer weltweit operierenden Institution der deutschen Sparkassengruppe. Und dient damit der wichtigen Idee der internationalen Entwicklungszusammenarbeit.
Schmunzelnd erzählt Bergmann von der Bundeswehrepisode, die er im Nachhinein als Glücksfall empfindet, weil sie ihn aus der Routine der Sparkassenlaufbahn hinauswarf. 1964 in Schoonorth im Brookmerland geboren, besuchte der Sohn einer alteingesessenen Müllerfamilie das Ulrichsgymnasium in der damaligen Kreisstadt Norden und fing nach dem Abitur eine Lehre bei der Kreis- und Stadtsparkasse Norden an, die wie selbstverständlich in eine Übernahme mündete, mit einer vorgezeichneten Karriere als Sparkassenbeamter.
Wäre da nicht der Einberufungsbescheid gewesen. Nun ist Aurich keine Weltreise von Norden entfernt, nur 27 Kilometer Abstand waren es, doch die brachten den jungen Mann ins Grübeln. Einmal Ostfriesland, immer Ostfriesland? Er entschied sich für ein Studium, schrieb sich in Göttingen für Betriebswirtschaft ein, begeisterte sich in dieser Zeit aber zunehmend für Volkswirtschaft und Entwicklungsökonomie, sammelte zudem Auslandserfahrung, als er ein Jahr lang in Schottland studierte. Da traf es sich nach Abschluss des Studiums, dass die Sparkassenstiftung einen Junior-Projektleiter suchte. Das war 1993, und der Ostfriese ging nach Bonn.
Von dort aus bearbeitete er zunächst Projekte in Mittel- und Osteuropa – der Eiserne Vorhang war gerade gefallen – um dann im Jahr 2000 mit Afrikaprojekten betraut zu werden, immer noch vom Schreibtisch aus, doch nun zunehmend auch als Dienstreisender in Afrika. 2002 ein neues Arbeitsfeld: Lateinamerika. Ein Jahr später die Philippinen und Indochina, für dieses Gebiet zeichnete Bergmann bis 2008 verantwortlich, als er wegen einer Erkrankung seines Vorgesetzten kommissarischer Geschäftsführer wurde, nach dessen Tod dann im Jahr 2010 Geschäftsführer der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation.
Er gilt als ausgewiesener Experte für das Thema Finanzdienstleistungen in Entwicklungs- und Schwellenländern, in mehr als 60 Ländern war die Sparkassenstiftung bereits mit über 130 Projekten tätig. Immer geht es um die Verbesserung des Zugangs der Menschen zu Bankdienstleistungen wie Sparkonten und Darlehen – und damit um Bekämpfung von Armut.
Niclaus Bergmann hat Ostfriesland verlassen, aber nicht vergessen. Wie auch? Seine Geschwister leben in Schoonorth, in Esens und in Papenburg, und seinen Sommerurlaub verbringt der Butenostfriese seit zehn Jahren mit seiner Frau und den beiden Kindern immer auf Wangerooge.
Und sollte er zwischendurch mal das Bedürfnis haben, Plattdeutsch zu sprechen, was durchaus vorkommt – dann schnackt er einfach mal ein paar Sätze oder telefoniert mit seinen ostfriesischen Kollegen Gerd Weißbach, der aus Wittmund stammt und Projektleiter und Repräsentant der Stiftung in Mexiko ist, und Thorsten Bosker, der aus Leer kommt und Projekte im Kaukasus leitet.
Ein Zufall, dass in der Stiftung so viele Ostfriesen arbeiten? Wohl eher ein Qualitätsausweis der Ostfriesen, sagt Niclaus Bergmann schmunzelnd und fügt auf Platt hinzu: „De kannst’ överall bruuken!“
Mit dem letzten Satz hat der Herr Bergmann wohl Recht. Ich möchte das gerne auf Nordfriesland erweitert wissen …:)
Mit freundlichen Grüßen von der nordfriesischen Küste
Sonja Jannichsen