Pressemitteilung vom 27. Februar 2011
Die Deutsche Verkehrswacht e.V. setzt sich schon seit vielen Jahren dafür ein, dass Autofahrer die Parole beherzigen: „Wer fährt, trinkt nicht, wer trinkt, fährt nicht“. Um die Auswirkungen von Alkohol am Steuer zu diskutieren und eine einheitliche Position der Deutschen Verkehrswacht zu finden, hatte der Vorstand der Deutschen Verkehrswacht eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die jetzt ihr Ergebnis vorgelegt hat. Der Vorstand hat das Papier der Arbeitsgruppe als Vorlage eines Beschlusses genommen, der mit nur einer Gegenstimme verabschiedet wurde und am 21. Mai 2011 auch der Mitgliederversammlung zur Beratung vorliegt. Er lautet:
„Kein Alkohol am Steuer!“
Bereits geringe Mengen Alkohol können eine die Fahrtüchtigkeit einschränkende Wirkung haben. Deshalb spricht sich die Arbeitsgruppe für ein Alkoholverbot für Führer von Kraftfahrzeugen aus. Allerdings ist es aufgrund natürlicher Prozesse möglich, eine BAK von 0,1 Promille aufzuweisen, ohne Alkohol getrunken zu haben. Gleichzeitig ist ein tatsächlich negativer Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit erst ab einer BAK von 0,2 Promille wissenschaftlich nachgewiesen. Es sollte daher in der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass mit der Gesetzesformulierung „unter der Wirkung alkoholischer Getränke“ eine BAK oberhalb von 0,19 Promille verstanden wird. Dies entspricht schon heute dem Stand der Wissenschaft.
Die Arbeitsgruppe schlägt vor diesem Hintergrund konkret vor:
Änderung § 24a Absatz 1 StVG, Wegfall § 24c StVG
§ 24c StVG, der bisher nur die Kraftfahrzeugführer, die sich in der Probezeit nach § 2a StVG befinden sowie alle Fahrer bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres betrifft, entfällt. Er wird aber in geänderter Formulierung benutzt, um den § 24a (1) StVG zu ersetzen. Durch diese Änderung würden alle Führer von Kraftfahrzeugen gleichgestellt.
Neu: § 24a StVG: Alkohol- und Drogenverbot für Kraftfahrzeugführer
(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er unter der Wirkung alkoholischer Getränke steht.
Änderungsbedarf Bußgeldkatalog
Mit einer Neufassung des § 24a (1) StVG und dem Wegfall von § 24c StVG stellt sich die Frage, inwiefern der Bußgeldkatalog bei Zuwiderhandlungen gegen diesen neuen Paragraphen anzupassen wäre.
a) Die bisherige Regelung, die ab 0,5 Promille gilt, soll künftig ohne Abstufung für alle Fahrten unter Alkoholeinfluss gemäß oben genannter Definition gelten. Das hieße zurzeit 500 € Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. Für diese Regelung spricht, dass die BAK für sich betrachtet keine Aussage über den tatsächlichen Grad der Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit zulässt. Zudem würde eine klare Botschaft gegen Alkohol am Steuer gesetzt.
b) Es erfolgt eine abgestufte Anpassung des Bußgeldkatalogs. Dabei würden je nach BAK unterschiedliche Bußgelder verhängt und die Dauer des Fahrverbotes abgestuft. Diese Regel könnte so gestaltet sein: Bis 0,49 Promille 500 € und ein Monat Fahrverbot; bis 0,79 Promille 500 € und zwei Monate Fahrverbot; bis 1,09 Promille 500 € und drei Monate Fahrverbot. Für diese Regelung spricht, dass das allgemeine Gerechtigkeitsgefühl angesprochen wäre, d.h. wer viel trinkt und dann ein Kraftfahrzeug führt, sollte stärker bestraft werden.
„Fahrende Trinker“
Das Problem der „fahrenden Trinker“ ist sehr vielschichtig. Die Arbeitsgruppe spricht sich jedoch dafür aus, dass Alcolocks bei allen Fahrern, die sich infolge zu hohen Alkoholkonsums einer MPU unterziehen mussten, zum Einsatz kommen.“
Zum Hintergrund des Beschlusses: Die bisher geltende 0,5-Promillegrenze ist eine willkürliche Festsetzung, die medizinisch nicht begründet ist. Wissenschaftlich ist ein Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit ab 0,2 Promille BAK nachgewiesen.
In Deutschland kam es im Jahr 2009 zu 43.821 Verkehrsunfällen mit alkoholisierten Beteiligten, das waren 1,9 Prozent aller Unfälle. Alkoholeinfluss war bei 5,6 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden eine der Unfallursachen. An den Folgen eines Alkoholunfalls starben 440 Menschen in Deutschland. Das sind etwa 11 Prozent aller Verkehrstoten bzw. fast jeder neunte Getötete. Insgesamt 6.159 Personen wurden schwer verletzt (9 Prozent aller Schwerverletzten). Diese Zahlen belegen eine überdurchschnittlich hohe Schwere der Alkoholunfälle. Während bei allen Unfällen mit Personenschaden 13 Getötete und 221 Schwerverletzte auf 1.000 Unfälle kamen, waren es bei den entsprechenden Alkoholunfällen 25 Getötete und 353 Schwerverletzte je 1.000 Unfälle.
Auswirkungen von Alkohol
Alkohol hat vielfältige Auswirkungen auf die sinnesphysiologische Leistungsfähigkeit des Menschen und auf seine psychische Verfassung. Zu den Wirkungen gehören die Einschränkungen der Wahrnehmungsleistung, der Auffassungsgabe und der motorischen Koordination, eine verlangsamte Reaktion sowie Störungen der Reaktionsfähigkeit, der Aufmerksamkeit und des Gleichgewichtssinns. Weitere Wirkungen können Antriebsdämpfung und Veränderungen der Stimmungslage mit Kritikminderung sein.
Im Bereich des Sehens kommt es zu Einschränkungen des Blickfelds und des Farbsehens, einer verzögerten Hell-Dunkel-Adaption und Umstellung zwischen Nah- und Fernsehen. Ebenso verringert sich die Fähigkeit, Entfernungen richtig einzuschätzen. Es kommt zu einer Verlangsamung der Reaktionszeit, und die Fähigkeit, schnell und angemessen zu reagieren, wird eingeschränkt. Diese Beeinträchtigung der Sinnesleistungen gehen oft einher mit einer erhöhten Risikobereitschaft, Selbstüberschätzung, Enthemmung und Kontrollverlust.
Bereits geringste Mengen Alkohol, wie auch Drogen, können eine nicht vorhersehbare Wirkung haben. Eine Voraussage, wie Alkohol im Organismus wirkt, ist nicht möglich. So kann eine Person bereits mit einer niedrigen Blutalkoholkonzentration (BAK) auffällig sein.
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Die Deutsche Verkehrswacht gehört zu den ältesten und größten Bürgerinitiativen Deutschlands. Seit ihrer Gründung 1924 arbeitet sie für mehr Sicherheit und weniger Unfälle auf unseren Straßen – heute mit mehr als 70.000 ehrenamtlich Engagierten. Sie informieren, beraten und trainieren mit Verkehrsteilnehmern jedes Alters sicheres Verhalten im Straßenverkehr. Die Zielgruppenprogramme der DVW erreichen rund 2,5 Millionen Menschen pro Jahr. Die DVW finanziert ihre Aktionen und Programme mit Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie durch Mitgliedsbeiträge und Sponsoring.