„Das war die KI“ ist keine Ausrede

Deutscher Presserat stellt Verantwortung für künstlich erzeugte Inhalte klar

„Da kann ich nichts dafür, das war die KI.“ Mit so einer Ausrede kommt keiner davon, der Beiträge veröffentlicht, die er von einer Maschine hat schreiben lassen. Das hat der Deutsche Presserat jetzt klargestellt.

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass jemand, der Texte publiziert, dafür auch geradestehen muss. Aber das Selbstkontrollorgan der deutschen Presse sah sich doch genötigt, diese Verantwortung schwarz auf weiß ins „Grundgesetz“ der seriösen Medien aufzunehmen.

„Der Pressekodex gilt auch für journalistische Inhalte, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz entstanden sind“, heißt es in einer Mitteilung des Presserats, dessen Plenum des Presserats 19. September 2024 die Präambel des Pressekodex um einen entsprechenden Passus erweitert hat. Er lautet: „Wer sich zur Einhaltung des Pressekodex verpflichtet, trägt die presseethische Verantwortung für alle redaktionellen Beiträge, unabhängig von der Art und Weise der Erstellung. Diese Verantwortung gilt auch für künstlich generierte Inhalte.“

Zusätzliche Änderungen im Pressekodex, etwa eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Texte, hält der Presserat der Mitteilung zufolge derzeit nicht für erforderlich. „Für die ethische Bewertung von Beschwerden spielt es keine Rolle, wer mit welchen Hilfsmitteln einen Beitrag erstellt hat. Die presseethische Verantwortung, zum Beispiel für die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht, liegt weiter uneingeschränkt bei den Redaktionen”, so der Sprecher des Presserats Manfred Protze.

Bilder, die mithilfe von KI entstanden sind, müssen jedoch als Symbolbilder gekennzeichnet werden. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass künstlich generierte Bilder die Realität abbilden”, so Protze. Die Richtlinie 2.2, nach der symbolische Illustrationen als solche erkennbar zu machen sind, hat der Presserat bereits bei der Bewertung von Beschwerden in Bezug auf KI-generierte Bilder angewendet.

Mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Recherche und Erstellung von Inhalten, also Texten, Grafiken, Videos und Bildern, aber auch in der Produktion von Presseprodukten bis hin zu komplett von KI befüllten Portalen, automatisch erstellten Zeitungslayouts und Ablieferung von fertigen ganzen Seiten befassen sich inzwischen die meisten Medienhäuser. Dadurch stellt sich zunehmend die Frage nach der Verantwortung für die publizierten Inhalte. Auch wenn im Streitfall darüber sicher Gerichte entscheiden – presseethisch liegt sie nun auf jeden Fall bei den Redaktionen.

Tag 350 | Presserat

Man liest ja immer nur von denen, die vom Deutschen Presserat gerügt worden sind, weil sie mehr oder weniger grob gegen den Pressekodex oder die Richtlinien des Presserates verstoßen haben. Von den vielen Beschwerden, die bei diesem Selbstkontrollorgan der deutschen Presse eingereicht und als unbegründet abgewiesen werden, liest man nichts. Im Jahr 2013 erwiesen sich von 1347 Beschwerden an den Deutschen Presserat am Ende 226 als begründet.

Uns hat’s kürzlich dann auch erwischt, dass jemand meinte, unsere Redaktion vor den Presserat zerren zu müssen, weil ihm der Umgang mit einem Leserbrief und eine Veröffentlichung nicht passten. Etwas mulmig ist einem schon, wenn so etwas passiert. Umso schöner, wenn das mit Fachleuten besetzte Gremium dann entscheidet: An dem beanstandeten Bericht war nichts auszusetzen. Ein gutes Gefühl. Und in Zukunft wird man trotzdem noch sorgfältiger arbeiten…

Pressekodex     Deutscher Presserat

Wieske: Pressekodex dient fairem Journalismus

Berlin – Der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Lokalzeitungen, Martin Wieske, hat Kritik der Springer-Presse am Deutschen Presserat zurückgewiesen. „Die Zeitungen sind gut beraten, sich auch weiterhin an den Regeln des Deutschen Presserates zu orientieren“, sagte Martin Wieske in Berlin.

Die freiwillige Selbstkontrolle und der Pressekodex seien von den deutschen Zeitungen und Zeitschriften seit Jahrzehnten anerkannt und dienten einem fairen Journalismus, heißt es in einer Mitteilung des VDL. Natürlich unterliege auch der Pressekodex in einer sich ständig ändernden Medienwelt hin und wieder einer Überprüfung. Und sicher könne es bei der Bewertung von Veröffentlichungen auch in Einzelfällen mal zu unterschiedlichen Auffassungen kommen.

Es gebe aber keinen Anlass, die ethischen Grundsätze grundsätzlich und bewusst in Frage zu stellen und die Öffentlichkeit auch noch dagegen aufzuwiegeln, wie kürzlich in der „Bild“-Zeitung geschehen. „Wir sollten aufpassen, dass die gesamten Branche auf diese Weise keinen Schaden nimmt“, so der VDL-Geschäftsführer.