Tag 182 | Networking

„Social Network“ ist ja mit soziales Netzwerk nur unzureichend übersetzt, schließlich bedeutet „social“ im Englischen nicht dasselbe wie „sozial“ im deutschsprachigen Raum. Gesellschaftliche Netzwerke, wie es besser übersetzt wäre, können aber auch sozial sein. Vom Posting der Anfrage „Hätte jemand eine gebrauchte Nähmaschine für eine Asylbewerberfamilie abzugeben? Die Frau möchte gerne Kindersachen selber nähen und würde sich sehr freuen. Bitte weitersagen…“ dauerte es heute früh weniger als eine Stunde, bis die Nähmaschine da war. Hat mit einem Rasenmäher und einer Satellitenschüssel für eine andere Familie übrigens auch schon geklappt.

Bevor nun einer auf falsche Gedanken kommt: Nein, ich selbst habe wirklich keine Nähmaschine, keinen Rasenmäher und keine Satellitenschüssel gebraucht, sondern nur gute Freunde, die ein soziales Netzwerk auch als solches verstehen.

Tag 38 | Lichtblick

Es wird ja ständig vom „Problem“ der Zuwanderung und der steigenden Asylbewerberzahlen gesprochen. Man könnte also vermuten, dass auch die andauernde Berichterstattung über solche Themen ein „Problem“ für die Mediennutzer darstellen könnte. Es ist eine angenehme Erfahrung, dass der Beitrag über den Tod des 24-jährigen Fidel Kuflu aus Eritrea, der nach zweijähriger Flucht in Schortens angekommen war und nun gestorben ist, ausnahmslos Reaktionen der Anteilnahme und der Hilfsbereitschaft ausgelöst hat. Bei der Familie, die sich um die trauernden Afrikaner kümmert, stand gestern das Telefon nicht still. Unbekannte Menschen drückten ihr Mitgefühl aus, fragten, wie sie die Eritreer unterstützen können. Manche werden heute mit auf den Friedhof gehen, wenn Fidel Kuflu um 10.30 Uhr in Sande, wo er im Krankenhaus starb, beigesetzt wird. Wie sagte die Nachbarin Henderika de Winter? „In solchen schweren Zeiten ist es so wichtig, dass man zusammenhält, egal welche Hautfarbe oder Religion man hat.“ Nichts hinzuzufügen.

Tag 37 | Lampedusa

Lampedusa ist weit weg. Die schrecklichen Bilder von gekenterten Seelenverkäufern, ausgezehrten Schiffbrüchigen, angeschwemmten Leichen und eingesperrten Asylbewerbern berühren uns, aber wir können ja nichts tun. Was, wenn wir erkennen, dass Lampedusa überall ist, dass wir die Probleme der Elendsmigration nicht von uns fernhalten können? Dass die dunkelhäutigen Frauen und Männer, die man in jüngerer Zeit in größerer Zahl in der Nachbarstadt Schortens sieht, über das Mittelmeer und Italien hierher gekommen sind, steht ja nicht auf einem Namensschild an ihrer Brust. Vor wenigen Tagen ist einer von ihnen, 24-jährig, im Nordwest-Krankenhaus in Sanderbusch gestorben, seine Organe, vermutlich strapaziert durch eine zweijährige aufregende Flucht von Eritrea nach Friesland, versagten ihren Dienst. Am Freitag wird Fidel, wie er hieß, in Sande beigesetzt, viele seiner afrikanischen Freunde, die genauso abenteuerliche Wege hinter sich haben, werden ihn beweinen. Lampedusa ist bei uns angekommen. Die ganze Geschichte dazu heute im Jeverschen Wochenblatt.