Tag 179 | Info

Nur mal so für alle, die heute schon einen Schauer auf den Kopf gekriegt haben (wie wir heute früh in Düsseldorf und auf der Autobahn unterwegs): Hier an der Nordseeküste ist heute anders als im großen Rest Deutschlands traumhaft schönes Wetter.

Ist übrigens, entgegen böser Verleumdungen, ganz oft so…

Ich schütze das Klima

Von Helmut Burlager

„Wir haben uns ein Ziel gesetzt.“ Wir, das ist der Landkreis Friesland, und als einer von ungefähr hunderttausend Friesländern gehöre ich natürlich dazu, also habe auch ich mir ein Ziel gesetzt, wie ich aus einer Broschüre erfahre, die der Landkreis herausgegeben hat. Unser Ziel ist, so lese ich, das Klima zu retten. Wer macht da nicht gerne mit?

Es ist auch ganz einfach. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, nicht warten, sondern starten, jeder kann etwas tun, ich muss nur erstens aus einer Liste von Klimatschutzmaßnahmen drei auswählen und sie umsetzen und dann zweitens mindestens drei Personen über die Folgen des Klimawandels und die möglichen Klimaschutzmaßnahmen informieren. Punkt zwei ist erledigt, sobald mindestens drei Leute diesen Beitrag gelesen haben.

Punkt eins ist da schon etwas schwieriger, auch wenn als Überschrift „So einfach geht’s“ drüber steht. Doch wie soll man sich entscheiden? Schalte ich, Vorschlag 1, alle Elektrogeräte aus, ehe ich in die Ferien fahre? Die Tiefkühltruhe würde es mir nach zwei Wochen mit pestilenzähnlichem Gestank heimzahlen. Soll ich, Vorschlag vier, beim Duschen das Wasser abstellen, wenn ich mich einseife? Mich fröstelts doch eh schon in diesem schrecklichen April. Soll ich, Vorschlag fünf, regionale Produkte kaufen? Mein Winzer von der Mosel wird mich für verrückt erklären, wenn ich ihm sage, dass ich nur noch Wein aus Friesland trinke. Soll ich, Vorschlag neun, beim Kochen immer den Topf mit einem passenden Deckel auf die passende Platte stellen? Dazu müsste ich den Deckel im Chaos des Topfschranks erst mal wiederfinden.

Nun, es bleiben ja noch ein paar andere Möglichkeiten, die Welt zu retten. Ich kann die Raumtemperatur um ein Grad senken (brrrr…), ich kann nur noch Energiesparlampen verwenden (gibt’s andere überhaupt noch?), ich kann auf Plastiktüten verzichten (habe allerdings 47 davon im Küchenschrank liegen), ich kann mich über die Vorteile einer energetischen Gebäudesanierung informieren (sich informieren ist immer gut, tut auch nicht weh!).

Die Welt retten, den Fön verkaufen. Foto(c): Anneke Glabasnia

Und dann werde ich dem Landkreis mal schreiben, dass er einen besonders effektiven Vorschlag vergessen hat. Ich habe nämlich schon vor Jahren begonnen, das Klima auf meine eigene Art und Weise zu schützen. Ich habe meinen Fön abgeschafft …

Klettern für den Regenwald

Auf die Bäume, Touristen!

Der Canopy Walkway bei Cape Coast in Ghana

Mehr als 80 Prozent des Urwalds ist schon abgeholzt. Nur in Reservaten wie dem Kakum-Nationalpark findet man noch ursprüngliche Natur.

Von Brigitte Meiners

Schweigen im Walde. Nur Vogelstimmen sind zu hören, hier Ghana605 und da ein Rascheln im Gebüsch, und sonst nichts als gedämpfte Schritte und das regelmäßige Keuchen der Vorderleute und derjenigen, die auf dem schmalen, nur teilweise befestigten Pfad durch den Urwald im Gästemarsch folgen. Reden wäre zu anstrengend, auch wenn der Weg weder besonders steil noch besonders lang ist. Es ist die Hitze, die jeden Ghana606Schritt beschwerlich macht. Dabei scheint die Sonne gar nicht, und selbst wenn sie schiene, käme hier unten, am Fuß der Baumriesen im tropischen Regenwald, kein Sonnenstrahl an. Es ist dunkel hier, und stickig. Plötzlich sagt doch einer was: „Kann nicht mal einer den Saunaofen abstellen?“ Anstrengung und Anspannung lösen sich in Gelächter auf. Dann wieder Keuchen bei 40 Grad und extremer Luftfeuchtigkeit.    Noch wissen die Wanderer nicht, ob das Schwitzen sich lohnt. Ziel des kaum zwanzigminütigen Fußmarsches ist der Canopy Walkway, eine der wenigen echten Attraktionen im touristisch noch nicht so recht erschlossenen Ghana. Und eine Art Mahnmal zugleich.

1995 ist der Baumwipfelweg im Kakum-Nationalpark in Betrieb genommen worden. Er ist nur für Besucher ohne Höhenangst geeignet, denn der Walkway ist ein System wackliger Hängebrücken; ein Spazierweg, der in gut 40 Meter Höhe auf einer Strecke von 350 Metern von Baumwipfel zu Baumwipfel führt. Ghana621 Doch nicht als Abenteuerspielplatz wurde der Walkway geplant, sondern als Projekt des Ökotourismus. Die Besucher, die Eintritt zahlen und neben dem eigentlichen Baumwipfelweg auch ein Regenwaldmuseum und andere Einrichtungen vorfinden, sollen das Geld bringen, das für die Rettung des Regenwaldes gebraucht wird.

In Ghanas bewaldetem Süden, nicht weit vom Golf von Guinea, liegen die östlichen Ausläufer des großen guineischen Regenwaldes, einem der biologisch vielfältigsten Ökosysteme des afrikanischen Kontinents. In Ghana ist davon allerdings nicht viel geblieben. Durch Holzeinschlag, Ausbreitung der Landwirtschaft, Erschließung von Bodenschätzen und sich ausdehnende Siedlungen sind mehr als 80 Prozent des ursprünglichen tropischen Regenwaldes verschwunden, und nach wie vor wird Tropenholz geschlagen, wird der Boden nach Gold und anderen Schätzen großflächig durchwühlt.

Mit der Unterschutzstellung des 607 Quadratkilometer großen Kakum-Nationalparks ist es 1990 immerhin gelungen, ein wertvolles Stück des ursprünglichen Regenwaldes zu retten. Regierungsstellen und NichtregierunGhana625gsorganisationen arbeiteten eng zusammen, den Nationalpark nicht nur zu sichern, sondern durch seine Erschließung für sanften Tourismus auch eine wirtschaftlich Grundlage für eine nachhaltige Bewahrung dieses Naturerbes zu schaffen.  Am „Earth Day“ 1995 wurde der Canopy Walkway eingeweiht, zwei Jahre später das dazugehörige Besucherzentrum, in dessen Museum die Touristen aus dem In- und Ausland und die Schulklassen auch viel über die kulturellen Bezüge des einheimischen Akan-Volkes zu ihrem ursprünglichen Lebensraum, dem Regenwald, erfahren.

Das vermittelt auch der grün uniformierte Wildhüter, der die Gruppe auf dem  Weg zum Walkway begleitet. Immer wieder macht er kurz Halt, weist hier auf einen seltenen Baum Ghana611und dort auf eine besondere Schlingpflanze und erklärt, welche Bedeutung sie für die indigene Bevölkerung hatten und haben, denn: „Der Regenwald gibt uns alles, was wir zum Leben brauchen. Nahrung und Medizin.“ An vielen Beispielen erklärt er, wogegen diese Wurzel, jene Rinde oder dieser grüne Spross hilft. „Der Urwald ist unsere Apotheke“, sagt er.

Über eine Holztreppe geht es schließlich zur ersten Station des Baumwipfelweges. Ohne einen Nagel oder Bolzen, nur geschickt mit schonenden Tauen und gut kaschierten Stahlseilen an den Baumriesen befestigt. schwingt sich die erste Hängebrücke vom Start weg zum nächsten Baumriesen. Nun hilft kein Führer mehr, nun muss jeder sich selbst überwinden und losmarschieren. Auf schmalen Brettern hinüber zur nächsten Plattform, fünfzig Meter entfernt. Die Brücke schwankt und wippt, doch das Betreten ist völlig gefahrlos, schulterhoch wird der Kletterer von einem stabilen, engmaschigen Netz abgesichert. Ghana619 Und die Tiefe – bis zu 40 Meter – lässt sich auch nur erahnen, denn fast nirgendwo schaut der Wipfelstürmer bis zum Boden hinunter. Unter der Hängebrücke dehnt sich undurchdringlich, sattgrün das Blätterdach der niedrigeren Urwaldvegetation aus.

So gibt es bis auf ein paar Vögel und Schmetterlinge auch nichts von der Regenwaldfauna zu sehen. Waldelefanten, Waldbüffel, Meerkatzen, Bongo-Antilopen und Riesenwaldschweine soll es hier geben. Der Tourist wird sie allenfalls bei speziellen Führungen mit erfahrenen Wildhütern weitab vom offiziellen Pfad erblicken.

Dem Erlebnis des Baumwipfelpfades tut das keinen Abbruch. Immer wieder halten die Brückengänger an, blicken in die „grüne Hölle“ hinab, wo warme feuchte Nebel wabern, und lauschen den Vogelstimmen. Und fühlen sich ein bisschen wie Heinz Sielmann auf seinen Expeditionen ins Tierreich.

Dabei ist die Zivilisation nicht weit wegGhana604. Nach der Coast, wo die anderen Touristenattraktionen des Südens, die alten Sklavenforts Elmina und Cape letzten Plattform geht’s über eine Holztreppe wieder hinab auf den Boden, zu Fuß zurück ins Besucherzentrum.  In einer halben Stunde ist man von hier in der Großstadt Cape Coast, liegen.

Unterwegs, am Straßenrand, sehen wir Lastwagen stehen. Die Fahrer machen Pause in einer kleinen Vorort-Raststätte. Sie kommen aus dem Urwald. Geladen haben sie riesige Baumstämme, Tropenholz. Viel wird vom tropischen Regenwald in Westafrika wohl nicht stehen bleiben.

(Der Beitrag erschien am 15. Januar 2011 im Jeverschen Wochenblatt)

Lesen Sie auch: https://friesenblog.wordpress.com/ghana-seite/ unseren Reisebericht über die Besuche bei Klienten von Opportunity International.