Unser koloniales Erbe

Das Erbe des Kolonialismus – eine gesellschaftliche Herausforderung auch für unsere Region. Zu einer Vortragsveranstaltung unter diesem Thema mit Dr. Sebastian-Manès Sprute (Berlin) und Wilma Nyari (Wilhelmshaven) lädt das Zeitgeschichtszentrum Gröschler-Haus in Jever am Donnerstag, 27. Oktober 2022, um 19 Uhr ein. Der Eintritt ist frei.

Dr. Sebastian-Manès Sprute (Berlin) und Wilma Nyari (Wilhelmshaven) Bilder: privat

„Wir stellen uns – endlich, muss man sagen – unserer Kolonialgeschichte,“ sagte im Juli dieses Jahres Außenministerin Anna-Lena Baerbock. Anlass war der Staatsakt zur Rückgabe der Eigentumsrechte an den während der Kolonialzeit nach Deutschland gekommenen Benin-Bronzen an Nigeria. Die lange und  erbittert geführte Debatte über die weltberühmten Kunstwerke, jetzt zu einem Ergebnis gekommen,  stellt nur das bekannteste Beispiel eines tiefgehenden Bewusstseinswandels dar, der die herkömmliche Sicht des Kolonialismus und seiner gesellschaftlichen und sozialen Folgen auf den Prüfstand stellt. Dieser Prozess wird als „Dekolonisierung“ bezeichnet, er ist längst nicht abgeschlossen.

Dabei geht es nicht nur um vor vielen Jahren geraubte Museumsstücke, sondern vor allem auch um  in Deutschland lebende Menschen, die afrikanische und asiatische Wurzeln haben. Ihre Geschichte ist der sogenannten weißen Mehrheitsgesellschaft weitgehend unbekannt und ihre Gegenwart häufig durch Ignoranz, Missachtung und Rassismus gekennzeichnet. Ihre Beteiligung an der Dekolonisierung kann sie gesamtgesellschaftlich sichtbarer machen.

Der Wissenschaftler Dr. phil. Sebastian-Manès Sprute (Technische Universität Berlin) und die zivilgesellschaftlich arbeitende Wilma Nyari (Runder Tisch Dekolonisierung Wilhelmshaven) geben bei der Vortragsveranstaltung „Das Erbe des Kolonialismus – eine gesellschaftliche Herausforderung auch für unsere Region“ im GröschlerHaus Jever eine Einführung in  die skizzierten Problemstellungen. Besonderheiten von Friesland-Wilhelmshaven werden berücksichtigt, soweit sie bisher erforscht wurden.  

Sprute – in Wilhelmshaven aufgewachsen – analysierte in seiner Dissertation die Durchsetzung kolonialer Zeitstrukturen im Senegal. Jüngst hat in einem von der Bosch-Stiftung geförderten Projekt alle in Frage kommenden Museen in Deutschland hinsichtlich ihrer Sammlungsherkunft aus der früheren deutschen Kolonie Kamerun durchleuchtet, darunter auch das Wilhelmshavener Küstenmuseum. Diese postkoloniale Provenienzforschung brachte erstaunliche Ergebnisse zu Tage. Die durch brutale Kolonialkriege und menschenverachtendes Trägerleid gekennzeichneten Bedingungen der Objektbeschaffung vor Ort in Kamerun hat Sprute ebenfalls erforscht. Die sammelwütigen Kolonialherren waren immer auf der „Jagd nach der größtmöglichen Trommel“, wie er schreibt.

Die in Frankfurt/Main geborene Wilma Nyari bezeichnet sich selbst als Schwarze Deutsche. Sie trat zunächst mit Ausstellungen ihrer Fotografien (u.a. im Senckenberg Naturmuseum) hervor. 2021 gründete sie den „Runden Tisch Dekolonisierung Wilhelmshaven“, an dem die Museen in Wilhelmshaven, Repräsentanten kommunaler Einrichtungen, von Schulen und aus der Zivilgesellschaft teilnehmen, der bisher verschiedene Veranstaltungen angeregt hat und weitere plant. Sie ist Mitgründerin des Netzwerks „deKol Bremen, Oldenburg und Wilhelmshaven“, in dem sich Menschen, die Rassismus erfahren, aus der Region zusammengeschlossen haben, und wirkt in der Afrika Union Wilhelmshaven/Friesland mit.

Pressefreiheit in Gefahr: Aktuelle Herausforderungen erforscht

Wissenschaftlerinnen der Jade Hochschule geben Publikation zu „Freiheit und Journalismus“ heraus

Wilhelmshaven. Der Terroranschlag auf Charlie Hebdo, die Inhaftierung von Deniz Yücel, die Medienangriffe von Staatschefs wie Erdogan oder Trump – die Bedrohung und die Grenzen von Freiheit im Journalismus gehören zu den großen aktuellen politischen Themen. Diesem Thema widmet sich auch das jetzt erschienene Buch „Freiheit und Journalismus“. Herausgegeben wird es von vier Wissenschaftlerinnen der Jade Hochschule: Prof. Dr. Andrea Czepek, Melanie Hellwig, Prof. Dr. Beate Illg und Prof. Dr. Eva Nowak in der Reihe „Aktuell. Studien zum Journalismus“ des Nomos-Verlages.

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Karikatur: Ruedi Widmer 

„Die aktuellen Ereignisse, aber auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die die journalistische Berichterstattung einschränken können, machen deutlich, dass unabhängiger, freier Journalismus als Voraussetzung einer funktionierenden Demokratie immer wieder verteidigt werden muss“, erklärt Czepek.

Wissenschaftler_innen verschiedener Disziplinen aus unterschiedlichen Ländern diskutieren in ihren Beiträgen die diversen Facetten von Pressefreiheit, wie beispielsweise „Freiheit und Politik“, „Autonomie und Qualität“ sowie „Internationale Perspektiven“. Was darf Journalismus? Was sollte Journalismus dürfen, und wo sind gerechtfertigte Grenzen der Freiheit? Welche Einflüsse behindern eine unabhängige Berichterstattung? „Die Artikel sind als Anstoß zu weiterer Diskussion und Forschung gedacht“, so die Herausgeberinnen. „Die komplexen Fragestellungen zeigen den Bedarf an handlungsleitenden, wissenschaftlichen Erkenntnissen in Journalismus.“

Das Buch „Freiheit und Journalismus“ basiert auf den Ergebnissen der Jahrestagung der Fachgruppe Journalistik/Journalismusforschung in der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK), die 2016 an der Jade Hochschule stattfand. Die Beiträge wurden erweitert, ergänzt und aktualisiert.

Weihnachten für alle

Jeder sollte die Freiheit haben, zu feiern oder nicht zu feiern.

„Ich wünsch’ dir ein schönes Weihnachtsfest“, sage ich zu dem jungen Mann, nachdem wir in der Kassenzone des Einkaufszentrums eine Weile geplaudert haben und uns nun verabschieden.

IMG_1393„Hmm …“, entgegnet er. „Danke. Wir feiern Weihnachten ja nicht.“ Ja, das war mir schon klar, denn der adrette, selbstbewusste Abiturient, der geradewegs auf ein Studium zusteuert, ist Muslim. Seine Eltern stammen aus dem Libanon. Durfte ich ihm trotzdem frohe Weihnachten wünschen? Hatte er mir nicht gerade erst erzählt, dass er abends zu einer Weihnachtsfeier mit seinen Freunden geht? „Ja, stimmt“, sagt er. „Ich habe sie sogar organisiert. Ich war diesmal dran.“ Er wünscht mir ebenfalls frohe Weihnachten und wir gehen unseres Weges.

Einige Tage später lese ich von der Schule in Lüneburg, die angeblich eine Weihnachtsfeier aus der regulären Schulzeit auf den Nachmittag verlegen musste, weil eine muslimische Schülerin Kritik am Singen christlicher Lieder geübt habe. Die sozialen Netzwerke und manche Medien machen eine Riesengeschichte daraus. In Wirklichkeit war es wohl etwas anders gewesen, die Schülerin hatte widersprochen, als eine Lehrkraft im Fachunterricht das Singen von Weihnachtsliedern ansetzen wollte. Sagt jedenfalls der Schulleiter.

War es klug von der Schülerin? Welcher Jugendliche im pubertierenden Alter ist schon klug? Und war es klug von der Lehrerin? Ich weiß es nicht.

„In Erziehung und Unterricht ist die Freiheit zum Bekennen religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zu achten und auf die Empfindungen Andersdenkender Rücksicht zu nehmen“, heißt es im niedersächsischen Schulgesetz. Besser hätte man es nicht ausdrücken können. Es gilt schließlich beides: Religionsausübung muss möglich sein. Schulen können davon nicht ausgenommen werden. Doch ist dabei auch auf diejenigen zu achten, die anderen Glaubens oder gar nicht religiös sind. Niemand soll mich hindern, christliche Lieder zu singen. Aber es soll mich auch niemand zwingen. Jeder muss selbst entscheiden können, ob er Weihnachten feiert und zur Weihnachtsfeier geht. Oder ob er das eine tut und das andere lässt. Und wir alle könnten bei dem Thema entspannter sein.

Wenige Tage vor dem Fest erzählt mir eine Bekannte jesidischen Glaubens, wie sehr sich die ganze Familie auf Weihnachten freut. Das Zimmer, in dem die Geschenke liegen, ist seit Tagen verschlossen, den Schlüssel nimmt sie immer mit, wenn sie aus dem Haus geht. Die Kinder seien so gespannt und so neugierig, sagt sie. Jesiden feiern übrigens kein Weihnachten. Eigentlich.

(Dieser Beitrag von Helmut Burlager erschien zuerst am 23. Dezember 2017 im Jeverschen Wochenblatt)

Lions Club Jever schreibt Ehrenamtspreis für junge Leute aus

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Martin Schadewald und Manfred Folkers von Lions-Club Jever stellen die vierte Ausschreibung des Jugend-Ehrenamtspreises vor. Foto: Burlager

Der Lions-Club Jever schreibt zum vierten Mal einen Jugend-Ehrenamtspreis aus. Der Serviceclub will damit wie schon bei den drei vorausgegangenen Ausschreibungen junge Leute auszeichnen, die sich besonders engagieren, und zugleich die Bedeutung ehrenamtlicher Arbeit für die Gesellschaft würdigen.

Bis zum 11. Dezember können Kandidaten für die Auszeichnung nominiert werden. Vergeben wird der mit 500 Euro dotierte Preis am 25. Januar in einer Feierstunde in Jever.

Gerade in der ländlichen Region ist ehrenamtliches Engagement ein Eckpfeiler des gesellschaftlichen Lebens. Für den notwendigen Nachwuchs in allen Bereichen des Ehrenamtes zu sorgen, ist eine besondere Herausforderung. Deshalb sind Jugendliche, Jugendvereine und –gruppen, die sich für das Gemeinwesen engagieren, sei es in der Kinder- und Jugendarbeit, bei der Feuerwehr oder in der Nachbarschaftshilfe, im kulturellen, sportlichen, kreativen, sozialen oder politischen Bereich, so wichtig. Viele Angebote im Jeverland gäbe es ohne solches Engagement nicht.

Für den Jugend-Ehrenamtspreis, den die Fördergesellschaft des Lions-Clubs Jever vergibt, können junge Menschen nominiert werden, die nicht vor dem 1. Januar 1991 geboren wurden und ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Landkreis Friesland ausüben. Das Ehrenamt muss noch aktiv mit einem größeren Zeitaufwand oder höheren persönlichen Einsatz und und sollte schon seit mindestens drei Jahren ausgeübt werden. Der Jury gehören der Präsident des Lions-Clubs, Manfred Folkers, sowie Thomas Hohmann, Dr. Peter Pietsch, Martin Schadewald und Reinhard Thomssen an.

Der Nominierungsbogen kann im Internet unter www.lions-club-jever.de heruntergeladen werden, gern sendet ihn der Lions-Club auch Interessierten zu, die sich an den Initiator des Ehrenamtspreises, Martin Schadewald, Telefon 04461 / 5707 (Mail: martin.schadewald@web.de) wenden können. Abgegeben werden können die Nominierungsbögen beim Lions-Club Jever, zu Händen Martin Schadewald, Lindenallee 18, 26441 Jever, oder bei jedem anderen Mitglied des Lions-Clubs.

Rund 100 Vereine und Institutionen, die Jugendarbeit betreiben, sind im Jeverland bereits direkt angeschrieben und gebeten worden, Vorschläge für die Auszeichnung einzureichen.

Carola Schede: Worum dreht sich deine Welt!

Foto – und Audioausstellung im Mehrgenerationenhaus Zetel

Der Ursprungsgedanke entstand in der Planungsphase für das Mehrgenerationenhaus in Zetel vor vier Jahren. Auf einem Treffen sprach Carola Schede erstmals ihre Idee an, die Bürgerinnen und Bürger mitten in das Mehrgenerationenhaus zu holen, nämlich in Form einer Ausstellung.

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Carola Schede im Gespräch mit Dareen Kanaan. Sie ist seit zwei Jahren deutsche Staatsbürgerin. Foto: Tanja Finke

Es sollte eine Ausstellung werden, die Fotos und Hörgeschichten kombiniert. Die Idee: Die Besucher entdecken Menschen, die sie kennen, oder denen sie vielleicht einfach nur häufig im Ort über den Weg laufen, ganz neu. Die Geschichten, produziert wie professionelle Radiobeiträge, könnten, so die Hoffnung der Zetelerin, sogar im besten Fall Hemmschwellen abbauen und ein bisschen den Blick aufeinander ändern oder füreinander öffnen. „Ich würde gerne Menschen miteinander ins Gespräch bringen, die sonst keine Berührungspunkte haben“, sagt Carola Schede.

Sie fand Unterstützung bei Joann Hagen von der Gemeinde, die zusammen mit der freien Journalistin das Konzept beim Landkreis Friesland einreichte. Vor allem wegen des inklusiven Grundgedankens gab es sofort eine breite Zustimmung.

Zehn Menschen hat die Hörfunk – und Fernsehautorin nun in den vergangenen Wochen besucht und interviewt. Tanja Finke, noch Studentin der Jade Hochschule und angehende Medienwirtin, hat die Porträtaufnahmen gemacht. Sie trafen Menschen, die sie zum Teil gar nicht selber kannten. Engagierte Jugendliche, Ältere, die aus alten Zeiten berichten und Familien, die erzählen, warum sie sich entschieden haben, genau hier Zuhause zu sein. Sie sind Zurückgekehrte, Zugezogene und Hiergebliebene. Sogar eine blinde Frau ist dabei, die sich selbst das Klavierspielen beigebracht hat. Oder eine Syrerin, die schon seit Jahren hier lebt. Sie  erzählt, dass sie Wirtschaft studiert hat, wie das Leben vor dem Krieg in Damaskus war, und wie es für sie war, hier ganz anzukommen.

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Mit dabei: Björn Richter und seine Mutter. Seit seinem vierten Schlaganfall sitzt Björn im Rollstuhl. Die beiden sind immer zusammen unterwegs. Foto: Tanja Finke

„Jeder von uns hat eine besondere Geschichte, die sich lohnt, erzählt zu werden“, so die 43-jährige Journalistin. „Viel zu selten bleiben wir stehen, und hören hin. Oder nehmen uns mal die Zeit für die anderen. Es gäbe so viele Geschichten, die in diese Ausstellung gehörten. Es war echt hart, sich auf zehn zu reduzieren!“ Die Geschichten, die jetzt in der Ausstellung zu sehen und zu hören sind, sind auf jeden Fall: mitten aus der Gemeinde.

Die Eröffnung ist am 14. Januar im Mehrgenerationenhaus Zetel und öffentlich. Beginn ist um 9.30 Uhr.

Carola Schede: Worum dreht sich deine Welt?

Hier mal ein Friesenblog-Beitrag zum Reinhören. Ein schönes kleines Porträt aus der Werkstatt von Carola Schede aus Wilhelmshaven: „Worum dreht sich deine Welt?“

„Flüchtlinge mit einem Koppke Tee willkommen heißen“

Friesisches Forum erinnert an ostfriesische Auswanderung

Aurich – Das Friesische Forum hat sich mit der Flüchtlingssituation befasst. In diesem Zusammenhang erinnert der Verein an die eigene Geschichte der Friesen: „Die Bilder von den Flüchtlingstrecks auf der „Balkanroute“ erinnern stark an Fotos von Flüchtlingsfluten gegen Ende des 2. Weltkriegs und wecken manche Erinnerung bei der älteren Generation. Damals konnten vier Millionen Menschen im weitgehend zerbombten Westdeutschland untergebracht und versorgt werden, eine stattliche Zahl auch in Ostfriesland und Friesland“, so Paul Kluge (Leer), stellvertretender Vorsitzender des Friesischen Forums.

Andererseits seien im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert zahlreiche Friesen vor der herrschenden Armut geflohen. Sie hätten vor allem in den USA ein besseres Leben erhofft und oft auch gefunden, seien als Armuts- und Wirtschaftsflüchtlinge willkommen gewesen.

Das Friesische Forum erinnert angesichts der zurzeit ankommenden Flüchtlinge an beide Erfahrungen. Es bittet die Bewohnerinnen und Bewohner Ostfrieslands und Frieslands, den heute Ankommenden offen und hilfsbereit zu begegnen und die alte Sitte, Fremde mit einem Koppke Tee willkommen zu heißen, auch im übertragenen Sinne lebendig zu erhalten.

Wo bleiben die Beschwerden?

Wir haben ja nicht nur unsere Heimatstadt Leer gemeinsam, der Singer-Songwriter Enno Bunger aus Hamburg und ich. Ich mag seine Lieder und schätze seine Texte, aber das hier ist etwas ganz Besonderes, so aktuell und engagiert wie es in diesen aufregenden Zeiten nur geht. Es geht darum, dass wir uns mitschuldig machen, wenn wir uns nicht gegen die rechten Hetzer und Fremdenfeinde wehren, die zurzeit in Deutschland Stimmung gegen Flüchtlinge und alle Ausländer machen. Enno schreibt: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal so politisch werde, wie ich es heute bin. Aber ich kann nicht anders. Obwohl ich kein Hemdenträger bin, ist mir der Kragen geplatzt. Ich habe mich im Oktober 2014 gefragt,…

 … warum es kaum neue Lieder gibt gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen Rassismus in Deutschland, denn Deutschland hat ein Rassismusproblem. Als dann im Dezember 2014 PEGIDA hochkam, habe ich mich gewundert, dass so viele Leute so still sind, dass so viele Leute nicht gegen Fremdenfeindlichkeit protestieren, dass wir die Menschen, die leiden und in Angst leben müssen, alleine lassen. Wer etwas verändern will, muss bei sich selbst anfangen. Darum habe ich dieses Lied geschrieben und habe mich auseinandergesetzt, mit dem NSU-Prozess, mit Oury Jalloh, mit Fällen rechter und rassistischer Gewalt in Deutschland. Nie war ich beim Schreiben eines Songs so bewegt, so traurig, so wütend. Dieses Lied ist das Ergebnis, eine Kritik an dem Land, in dem wir leben, an unserer Gesellschaft, und vor allem auch an mich selbst. Wir sind mitverantwortlich für das, was da passiert. Zum 25. Tag der Deutschen Einheit wünsche ich mir, dass Deutschland sich erst dann feiert, wenn es sein Rassismusproblem in den Griff bekommen hat. Und: ich will nicht nur nörgeln. Es gab in den letzten Wochen eine schöne große Welle der Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. Das bringt Hoffnung und Wärme ins Kaltland. Von dieser Wärme brauchen wir allerdings noch viel mehr, um durch diesen Winter zu kommen. Es liegt also an uns – packen wir es an.

„Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun.“

Wer ist Enno Bunger? Wikipedia

Asylheime sind keine Tabuzonen für Journalisten

Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Betreiber von Flüchtlingsunterkünften aufgefordert, journalistische Vor-Ort-Recherche in den Heimen zu ermöglichen.

BFF_1508_ButtonBlau2-300x300„Journalistische Arbeit in Flüchtlingsunterkünften darf nicht zum Tabu gemacht werden“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Eine Umfrage des DJV hatte zuvor ergeben, dass es in mehreren Bundesländern Probleme für Journalistinnen und Journalisten gibt, die die Unterkünfte betreten und dort recherchieren wollten. „Die Berichterstattung der Medien darf nicht auf Ereignisse außerhalb der Unterkünfte beschränkt werden, wie zuletzt etwa in Heidenau“, sagte Konken. Die Öffentlichkeit wolle wissen, wie die Flüchtlinge untergebracht seien, wie sie lebten, welche Erlebnisse sie hätten. Das sei nur möglich, wenn Journalisten mit den Flüchtlingen sprechen und sie in ihrem Heimalltag beobachten könnten.

Der DJV-Vorsitzende stellte klar, dass Journalisten die Privatsphäre der Flüchtlinge zu beachten hätten: „Es geht nicht darum, die Menschen mit Mikrofon und Kamera zu bedrängen, sondern mit ihnen zu sprechen, wenn sie dazu bereit sind.“ Das sei aber nur möglich, wenn die Journalisten die Unterkünfte betreten könnten. Länder und Kommunen als Betreiber der Heime seien in der Pflicht, Berichterstattung zu ermöglichen, statt sie zu verhindern.

Quelle: DJV-Pressemitteilung

Tag 343 | Heimat

AsylEin Altenheim, das zum Asylbewerberheim wurde. Geisenhausen in Niederbayern ist einer von vielen Orten, die sich mit ihren neuen Bewohnern verändern. Die taz präsentiert ab Freitag in Zusammenarbeit mit dem Münchener Journalistenkollektiv „Butterland“ eine Multimediareportage über das Zusammenleben von Alt- und Neubürgern in der Gemeinde. „Warten auf Heimat“ – die Vorschau macht neugierig.

Zum taz-Beitrag