Tag 295 |Sturmflut

Sturmflutgefahr an der Küste und auf den Inseln meldet der Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Wasserstände  bis zu zwei Meter über dem normalen Hochwasser sind in der Nacht zum Mittwoch und am Mittwochmittag möglich. Das bedeutet Überflutungsgefahr für Strände, Vorländer und Hafenflächen. Unter www.nlwkn.niedersachsen.de können die Wasserstandsvorhersagen des Sturmflutwarndienstes sowie die Pegelstände abgerufen werden. Der NLWKN ist darauf vorbereitet, auch das Emssperrwerk in Gandersum zu schließen. Dies ist allerdings erst der Fall, wenn die Prognosen von deutlich mehr als zwei Meter über dem mittleren Tidehochwasser ausgehen.

Die Mitarbeiter des NLWKN auf den ostfriesischen Inseln sind ebenfalls auf die angekündigte Sturmflut vorbereitet. Auf Spiekeroog wird beispielsweise das Pferdebahnschart schon heute geschlossen, normalerweise ist das erst am 1. November der Fall. Auf Norderney wurden die großen Deckwerkscharte (Milchbar und Moltkestraße) zur Vorbereitung auf die Sturmflutsaison ohnehin schon teilverschlossen, ebenso das Schart auf Baltrum beim Strandhotel Wietjes.

Die Wasserstände werden nicht so hoch auflaufen wie Anfang Dezember des vergangenen Jahres, als Orkantief „Xaver“ wütete. Das ausgedehnte Tiefdruckgebiet führte um den Nikolaustag herum zu einer Kette von vier Sturmfluten, wobei die in der Nacht zum Nikolaustag hinsichtlich der eingetretenen Wasserstände zu einer der schwersten Sturmfluten der vergangenen einhundert Jahre an der Niedersächsischen Küste zählt. Am Pegel Norderney wurde ein Wasserstand von 2,83 Meter über dem mittleren Tidehochwasser ermittelt, lediglich die Sturmflut von 1962 wies in diesem Zeitraum einen noch höheren Wind-stau auf. Im Bereich der Ems lagen die Wasserstände sogar über denen von 1962, jedoch unter denen der Sturmflut vom November 2006. An der Weser- und Elbemündung blieb der Wasserstand unter den Marken von 1962 und auch 1976. Aufbauend auf den Prognosen des Deutschen Wetterdienstes hatte der Sturmflutwarndienst des NLWKN die zu erwartenden Wasserstände zutreffend voraus berechnet und frühzeitig vor dieser sehr schweren Sturmflut gewarnt.

Klassifizierung der Sturmfluten

  • Leichte Sturmflut: Von 0,93 bis 2,01 m über dem normalen Tidehochwasser am Pegel Norderney.
  • Schwere Sturmflut Von 2,01 bis 2,75 über dem normalen Tidehochwasser am Pegel Norderney.
  • Sehr schwere Sturmflut: Mehr als 2,75 m über dem normalen Tidehochwasser am Pegel Norderney.

Tag 292 | Vertrauen

Unbewacht liegen seit heute Mittag 500 Euro auf dem Alten Markt in Jever herum. In 50.000 Ein-Cent-Stücken, die in Form von neun Buchstaben zusammengelegt worden sind:

V E R T R A U E N

Nach einer Stunde hatte sich die Summe bereits deutlich erhöht, denn viele Eröffnungsgäste der Kunstaktion der Fresenia-Loge zu Jever und des Künstlers Ralf Kopp aus Darmstadt legten größere Münzen dazu oder tauschten sie gegen die blanken Cent-Stücke. Aber was, wenn keine Zuschauer mehr herumstehen, siegt dann die Gier über das Vertrauen? Eine Videokamera wird das dokumentieren, ohne potenzielle Diebe bloßzustellen. Eine Woche lang soll das Geld auf dem Marktplatz liegen – wenn es denn nicht vorher weg ist. Die Fresenia Loge ist zuversichtlich, dass Jever sich als ehrliche Stadt erweist.

VertrauenEröffnet wurde die Aktion durch Bürgermeister Jan Edo Albers. Der hat sie dann selbst auf Facebook dokumentiert.

P.S.: Die Sache mit dem Vertrauen hat sich dann übrigens in weniger als 24 Stunden erledigt. In der Nacht zum Sonntag haben Unbekannte das Kunstwerk verwüstet und einen Teil des Geldes gestohlen.

Video bei Wochenblatt-TV

Tag 291 | Braun

Manchmal hat man ja so ein Gefühl…

Wenn einmal im Jahr die Einladung zur „Sonnenwendfeier“ in Conneforde in der Redaktion eintrudelt, schmeiße ich sie in den Papierkorb. Nicht weil der Text, den ein Heimatverein schickt, wirklich anstößig wäre oder ich die Leute kennen würde, die so etwas veranstalten. Aber die Anmutung des Flugblatts – das Logo, die Frakturschrift, das Programm, die Heimattümelei, die Berufung auf die überlieferten Bräuche der Germanen und Kelten – ist: irgendwie braun, irgendwie völkisch, irgendwie nazi. Vielleicht tue ich den Veranstaltern damit unrecht, ich war noch nie zur Sonnenwende in Conneforde.

In Conneforde gibt es auch einen Friedhof, eine sogenannte Ahnenstätte. Und die lässt ahnen, dass der Ort im nördlichen Ammerland, hart an der Kreisgrenze zu Friesland, eine beträchtliche Anziehungskraft auf Leute ausübt, deren Kirchenferne und Atheismus aus einer Zeit rührt, die am Ende doch nicht ganz tausend Jahre gedauert hat. Über die „Letzte Ruhe für alte Nazis“ berichtete jetzt Radio Bremen. Dem Image des Dorfes ist es nicht wirklich zuträglich.

Ich glaub‘, ich schmeiß die Einladungen zu den Sonnenwendfeiern auch in Zukunft weg. Und mögen die Heimatfreunde dort noch so harmlos Volkslieder singen und Feuerräder rollen…

Tag 288 | Geschichte

Oldenburg„Oldenburg, ein starkes Stück Niedersachsen mit einer spannenden Geschichte“, so umriss Landschaftspräsident Thomas Kossendey den Inhalt des neuen Buches: Das Oldenburger Land ist bis heute eine feste Größe, wenn es um die regionale Identität der Oldenburgerinnen und Oldenburger geht. Fester Bestandteil und Grundlage der oldenburgischen Identität ist die oldenburgische Geschichte. Die jetzt erschienene „Geschichte des Oldenburger Landes“ versteht sich als leicht lesbare und gut verständliche Darstellung des jüngeren Abschnitts der oldenburgischen Landesgeschichte sowie verschiedener wichtiger oldenburgischer Institutionen.

„Es war uns ein Anliegen, dass das Buch zwar auf wissenschaftlichen Grundlagen fußt, gleichzeitig aber verständlich bleibt. Wir wollen eine breite Leserschaft damit erreichen und ich bin mir sicher, dass uns das gelingen wird“, erläutert Kossendey die Intention des Bandes.

Die Zeit seit 1773/74, also die Zeit des Herzogtums, des Großherzogtums und des Freistaates Oldenburg, der 1946 im Land Niedersachsen aufgegangen ist, waren prägende Jahre für das Oldenburger Land. Diesem Zeitraum ist die „Geschichte des Oldenburger Landes“ gewidmet.

Die sieben Autoren beleuchten dabei ganz unterschiedliche Aspekte: Jörgen Welp umreißt „Die territoriale Entwicklung des Oldenburger Landes“ von der Grafenzeit an bis ins 20. Jahrhundert. Andreas Lombard behandelt „Haus und Land. Das Herzogtum und Großherzogtum Oldenburg von 1773 bis 1918“ und damit die Zeit, in der das Haus Holstein-Gottorp Oldenburg regierte. Huno Herzog von Oldenburg stellt „Die russische Nebenlinie des Hauses Oldenburg und weitere Mitglieder Angehörigen des Hauses in russischen Diensten“ vor, wobei die engen Beziehungen der Oldenburger zu Russland deutlich werden. Albrecht Eckhardt stellt unter dem Titel „Vom Großherzogtum zum niedersächsischen Verwaltungsbezirk. Das Land Oldenburg 1918-1946“ die Geschichte des Freistaats Oldenburg dar. Burkhard Beyer schreibt zum Thema „Ganz ohne Eile. Die Eisenbahnen des Großherzogtum Oldenburg“ und widmet sich damit einem Stück oldenburgischer Verkehrsgeschichte. Der Beitrag von Peter Betthausen heißt „Der Oldenburger Klassizismus. Ein kaum bekanntes Kapitel deutscher Architekturgeschichte“ und befasst sich damit mit einem bedeutenden Gesichtspunkt oldenburgischer Kulturgeschichte. Thomas Hellmold schließlich schreibt über „Was vom Großherzogtum Oldenburg übrigblieb. Banken, Versicherungen und Wirtschaftskammern“. Hier stellt er Wirtschaftsunternehmen vor, deren Wurzeln weit in die oldenburgische Geschichte zurückreichen.

Der Band ist hochwertig ausgestattet. Unter den Abbildungen finden sich auch bislang unveröffentlichte Staatsporträts Oldenburger Herzöge und Großherzöge.

Die Drucklegung haben private Spender anlässlich des 75. Geburtstages von Landschafts-Ehrenpräsident Horst-Günter Lucke, von dem auch die Anregung zu diesem Buch kam, sowie die Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg, die Landessparkasse zu Oldenburg, die Öffentlichen Versicherungen Oldenburg und die Oldenburgische Landesbank dankenswerterweise unterstützt. Die Unterstützung kam damit von Oldenburgern für Oldenburger.

Geschichte des Oldenburger Landes. Herzogtum, Großherzogtum, Freistaat. Herausgegeben von Jörg Michael Henneberg und Horst-Günter Lucke im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft, 290 S., zahlreiche Abbildungen, Hardcover, Aschendorff Verlag, Münster 2014, ISBN 978-3-402-12942-5, Preis: 24,80 €.

Tag 287 | Teemuseum

Das Teemuseum im alten Rathaus von Norden. Foto: Deutscher Teeverband
Das Teemuseum im alten Rathaus von Norden.
Foto: Deutscher Teeverband

In Ostfriesland, der Wiege der deutschen Teekultur, wird am 18. Oktober nach umfangreicher Sanierung die Wiedereröffnung des Teemuseums in der Stadt Norden gefeiert. Gefolgt von einem „Tag der Offenen Tür“ am 19. Oktober und rechtzeitig zum 25-jährigen Jubiläum ist das Museum um eine Attraktion reicher. „Mit der vollständigen Sanierung des Historischen Rathauses, dem Kernbau des Teemuseums, eröffnen wir die „Erlebniswelt ostfriesische Teekultur“. Spielerisch und multimedial wird sich die Ausstellung im ersten Spezialmuseum zur Kulturgeschichte des Tees in Europa ganz modern präsentieren“, so Dr. Matthias Stenger, Leiter und Initiator der neu konzipierten Dauerausstellung. Das Teemuseum, das 1989 zum ersten Mal seine Tore öffnete, zog bereits mehr als eine halbe Million Besucher/innen aus dem In- und Ausland an. Ausgehend von der ostfriesischen Teekultur eröffnet das Teemuseum in Norden jetzt ungekannte, faszinierende Einblicke in die weltumspannende Kultur des Teetrinkens.

Das Ostfriesische Tee-Museum zeigt mit einer Gesamtausstellungsfläche von 1.200 Quadratmetern als Kompetenzzentrum die Produktionskette vom Anbau der Teepflanze, über Ernte und Verarbeitung, bis zum fertigen Handelsprodukt. Kernthema ist der echte Ostfriesische Tee und die regionale Teekultur, die seit über 400 Jahren zu dem Land am Meer gehört. Rund um die Uhr wird dort die kräftige „Echte Ostfriesische Mischung“ genossen, die überwiegend Assam-Tee enthalten muss. Minimum drei Tassen genießt der Ostfriese pro „Teetied“, traditionell mit Kandis und Sahne, und schafft es dabei auf stolze 300 Liter pro Jahr und Kopf – zehnmal so viel wie der Deutsche im Durchschnitt trinkt. Zeremonie und Brauchtum dieser kulinarischen Besonderheit werden anschaulich dargestellt und erläutert. Aber auch, wie eng die Geschichte der Stadt Norden mit dem Überseehandel verbunden ist, welche Auswirkungen der Tee auf die Wirtschaft und Lebensart der Region hatte und warum heute  über Deutschland hinaus die „Echte Ostfriesische Mischung“ ein Begriff ist, darüber informiert das Museum auf vielfältige Weise.

Vom Stövchen bis zur Kulturveränderung

Tee richtig genießen - auch ein Teema im Teemuseum. Foto: Deutscher Teeverband
Tee richtig genießen – auch ein Teema im Teemuseum.
Foto: Deutscher Teeverband

Das Thema Tee wird von allen Seiten beleuchtet: In einem Werkstattraum kann man nachvollziehen, wie Porzellan das typische Rosendekor erhält, wie ein Stövchen entsteht und welch herausragende Arbeit die regionalen Silberschmiede geleistet haben. Weiter geht´s mit dem Vergleich des Tees mit anderen weitgereisten Genussmitteln: Kakao, Tabak und Kaffee kommen nicht zu kurz. Es werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten, der Einfluss auf höfische und bürgerliche Kultur, auf Gesundheit und Krankheit diskutiert.

Interaktiv und kreativ

Ein neues Highlight ist der vielfältig nutzbare Aktionsraum. Hier gibt es „Geschichte zum Anfassen“ für Klein und Groß. Schulklassen können  kreativ werden, ganze Tage oder auch mal eine „Nacht im Museum“ verbringen und dabei spielerisch lernen, was es an Außergewöhnlichem und Bestaunenswertem in der Geschichte des Tees zu entdecken gibt.

www.teemuseum.de

Tag 286 | Beckmann

Reinhold Beckmann im Lokschuppen in Jever.  Foto: Helmut Burlager
Reinhold Beckmann im Lokschuppen in Jever.
Foto: Helmut Burlager

Oldenburg, Hamburg, Bremen, Düsseldorf – das sind erste Stationen der Tournee, auf die „Beckmann & Band“ vom 25. Oktober an gehen. Die Jeveraner konnten sie schon Sonntag erleben, denn um das Programm sozusagen zu „testen“, hat der Talkmaster, Journalist und Sänger Reinhold Beckmann in einer Veranstaltung der Landessparkasse zu Oldenburg vorab ein Konzert in der intimen Atmosphäre des jeverschen Lokschuppens gegeben. Künstler und Publikum fanden es großartig. Die Rezension dazu gibt es morgen im Jeverschen Wochenblatt

Tag 279 | Friesisch-herb

So ganz nebenbei in der Vorbereitung auf einen kurzen Abendtermin erfahre ich, dass „Jever Pilsener“ Geburtstag feiert. Vor 80 Jahren hat der Braumeister Ernst Böhme an der Rezeptur des Bieres aus dem Friesischen Brauhaus herumgeschraubt und festgestellt, dass man dem „Jever“ wegen des besonders weichen Brauwassers, das aus einem brauereieigenen Wasserwerk auf der Geest in Siebetshaus stammt, mehr Hopfen zusetzen kann als anderen Bieren. So entstand das besonders herbe, heute vom Marketing als „friesisch-herb“ gerühmte Pilsener, das mittlerweile zu einer nationalen Marke geworden ist.

Im Rathaus von Jever wird heute Abend übrigens von einer Prüfungskommission der neue „Jahrgang“ des hopfenfrischen Bieres verkostet. Die Jury entscheidet darüber, ob das Bier verkauft werden darf oder an die Armen verschenkt werden muss. Das Ergebnis wird am Freitagabend bei der offiziellen Bierprobe im Schalander des Friesischen Brauhauses bekanntgegeben.

Es wäre übrigens das erste Mal, dass der neue Sud wegen Qualitätsmängeln verschenkt werden müsste…

Die Prüfkommission muss entscheiden, ob das Bier verkauft werden darf oder an die Armen verschenkt werden muss. Foto: Helmut Burlager
Die Prüfkommission muss entscheiden, ob das Bier verkauft werden darf oder an die Armen verschenkt werden muss. Foto: Helmut Burlager

Tag 278 | Guerilla

Rund 700 kleine Karteikarten mit plattdeutschen Ausdrücken haben zwei Auricherinnen im September an markanten Orten der Innenstadt geklebt, womit sie wider Erwarten ein enormes Medien-Echo erreichten. Unser Bild zeigt eine kleine Auswahl der zahlreichen Kärtchen, die Bürger an das Plattdüütskbüro der Ostfriesischen Landschaft weiterleiteten. Foto: Reinhard Former / Ostfriesische Landschaft
Rund 700 kleine Karteikarten mit plattdeutschen Ausdrücken haben zwei Auricherinnen im September an markanten Orten der Innenstadt geklebt, womit sie wider Erwarten ein enormes Medien-Echo erreichten. Das Bild zeigt eine kleine Auswahl der zahlreichen Kärtchen, die Bürger an das Plattdüütskbüro der Ostfriesischen Landschaft weiterleiteten. Foto: Reinhard Former / Ostfriesische Landschaft

Die meisten Versuche, das Plattdeutsche zu retten, kommen ja ziemlich betulich daher, auch im sogenannten „Plattdüütskmaant“, dem von der Ostfriesischen Landschaft ausgerufenen Plattdeutschmonat. Wohltuend anders haben zwei Frauen die Sache angepackt, die Ostfriesland über Wochen mit einer Guerilla-Aktion verblüfft haben. Einen Monat lang blieb das Duo unerkannt und dekorierte im Schutze der Dunkelheit munter die Auricher Innenstadt mit kleinen Kärtchen.

Die darauf gestempelten plattdeutschen Begriffe klebten gut sichtbar an Schildern, Bänken, Türen oder Zäunen. Nicht nur in der Fußgängerzone und rund um den Marktplatz fanden sich frühmorgens – frisch wie Bäckers Brötchen – kleine, fein säuberlich mit Kunststoff laminierte Karteikarten, sondern auch in vielen anderen Straßenzügen der Stadt. Lange wurde gerätselt: Wer mag wohl dahinter stecken? Zeitungsreporter berichteten, Radioleute und Fernsehteams gaben sich in der Ostfriesischen Landschaft die Klinke. Doch alle „Steckbriefe“ von den mutmaßlichen Gesinnungsgenossen, die an Leser, Hörer und Zuschauer ausgesendet wurden, brachten nicht den erhofften „Fahndungserfolg“. Einige vermuteten gar einen findigen Werbegag des Plattdüütskbüros, doch Leiterin Grietje Kammler und ihr Team konnten nur immer wieder beteuern: „Wir haben wirklich überhaupt keine Ahnung, wer sich diese werbewirksame Idee mit den plattdeutschen Begriffen zum Plattdüütskmaant ausgedacht hat!“

Erst ein anonymes Bekennerschreiben, adressiert an die „Oostfreeske Landskupp“, brachte es schließlich an den Tag: Es handelte sich tatsächlich um zwei einfallsreiche Aktivisten, die offenbar die Form des sogenannten Guerilla-Marketings aus dem Effeff beherrschten, nämlich einer Kampagne mit geringem Mitteleinsatz zu großer Wirkung zu verhelfen. Denn wieder gaben die Kärtchenkleber ihre Identität nicht gänzlich preis, sondern stellten die Adressaten neuerlich vor ein „Raadsel“ (Rätsel): Ein Foto zeigte die zwei Plattproter vermummt mit braunen Papiertüten, worauf in Stempelschrift zu lesen war: „De, de dat daan hebben“ (Die, die das getan haben).

Jetzt aber, zum Ende des Plattdüütskmaant, gaben die beiden Platt-Guerilla völlig unverhofft ihre Tarnung auf. Wie die Ostfriesische Landschaft mitteilt, handelt es sich um zwei Frauen, 39 und 40 Jahre alt. Sie scheuen allerdings auch weiterhin das Rampenlicht und möchten ungenannt bleiben. In ersten Vernehmungen legten sie dem Plattdüütskbüro gegenüber ein umfängliches Geständnis ab. Demnach wollen sie im September rund 700 Karteikärtchen mit plattdeutschen Wörtern in Aurich verteilt haben.

Als Motiv für ihr Engagement pro Plattdeutsch gaben die als Kunstlehrerin und Kunsttherapeutin tätigen Frauen an, mittlerweile selten gewordene plattdeutsche Wörter wie duddig (dumm, begriffsstutzig), Fröter (Wühler), kievig (zänkisch) oder Knojeree (Schufterei) im Rahmen eines ungewöhnlichen Kunstprojektes wieder ins Bewusstsein der Ostfriesen bringen zu wollen. Das Geheimnisvolle an dieser Aktion sei letztlich ein zusätzlicher „Kick“ gewesen, denn unbemerkt hätten sie die Karten nur spätabends zwischen 21 Uhr und Mitternacht ankleben können. Selbst ihre Familien hätten weder von den nächtlichen noch von den häuslichen Unternehmungen etwas bemerkt. Immerhin seien das eigens für diesen Zweck angeschaffte Laminiergerät und die Stempel-Utensilien pausenlos im Einsatz gewesen.

Gezielt gesucht und gefunden haben die Frauen die Begriffe übrigens in den bekannten ostfriesischen Wörterbüchern von Jürgen Byl/Elke Brückmann und Gernot de Vries. Reiner Zufall sei es indessen gewesen, dass ihr Vorhaben ausgerechnet mit dem Plattdüütskmaant zusammen gefallen sei. „Wir sind dann einfach auf den fahrenden Zug aufgesprungen …“
Hartnäckig in Schweigen hüllen sich die beiden Kunst- und Plattdeutsch-Aktivistinnen bis zur Stunde darüber, ob sie für ihre Mitbürger noch weitere fantasievolle Überraschungen in Petto haben. Ihr knapper Kommentar: „Offwachten un Tee drinken.“

Tag 277 | Die Welle

Ausgezeichnet mit dem Fritz-Höger-Preis 2014 in Silber: Die „Kirche am Meer – St. Marien" in Schillig von Königs Architekten, Köln. Foto ©: Christian Richters
Ausgezeichnet mit dem Fritz-Höger-Preis 2014 in Silber: Die „Kirche am Meer – St. Marien“ in Schillig von Königs Architekten, Köln. Foto ©: Christian Richters

Zu den schönsten und interessantesten Kirchen-Neubauten in Friesland der letzten Jahrzehnte zählt die St.-Marien-Kirche in Schillig. sie ist jetzt im Deutschen Architekturzentrum (DAZ) in Berlin mit dem Fritz-Höger-Preises 2014 für Backstein-Architektur ausgezeichnet worden. Vor internationalem Publikum wurden die besten Beiträge des diesjährigen Wettbewerbs verkündet. Die St. Marien Kirche in Schillig gewann den Fritz-Höger-Preis 2014 in Silber. Mit mehr als 500 eingereichten Projekten und großer internationaler Resonanz hat der zum dritten Mal ausgelobte Fritz-Höger-Preis 2014 für Backstein-Architektur seinen festen Platz unter den bedeutenden Architekturpreisen gefunden und präsentiert einen beeindruckenden Querschnitt internationaler Backstein-Architektur.
In der Kategorie „Öffentliche Bauten, Sport und Freizeit“ konnte das Projekt „Kirche am Meer – St. Marien in Schilling“ die hochkarätig besetzte Fachjury überzeugen und wurde mit dem Fritz-Höger-Preis 2014 in Silber prämiert. Verantwortlich für das Projekt zeichnet das Architekturbüro Königs Architekten aus Köln.
Die geschwungene Wand- und Dachausbildung des skulpturalen Sakralbaus – als Verweis auf den Ort – lädt seine Betrachter ein zu metaphorischen Interpretationen des Themas „Kirche am Meer“.
Fast alle ausgezeichneten Projekte – darunter die genannte Arbeit – werden bis zum 19. Oktober 2014 im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) im Rahmen einer Ausstellung im Detail gezeigt und später an verschiedenen Hochschulen in Deutschland als Wanderausstellung zu sehen sein.
Der erstmals 2008 ausgelobte Fritz-Höger-Preis für Backstein-Architektur ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert und wird alle drei Jahre von der Initiative Bauen mit Backstein in Kooperation dem Bund Deutscher Architekten BDA verliehen. Der Preis ist nach dem Architekten und Baumeister Fritz Höger (1877 – 1949) benannt. Zu seinen bekannten Werken zählt das Rathaus von Wilhelmshaven.

Tag 274 | Erdkunde

Die Lange Anna am Strand von Schillig, ein Muss für jeden Nordseeurlauber. Screenshot von RP-online.
Die Lange Anna am Strand von Schillig, ein Muss für jeden Nordseeurlauber. Screenshot von RP-online.

Nehmen wir mal an, der Kollege, der den Beitrag „Barfuß laufen, Sonne tanken und erholen in Schillig“ aus der Reihe „Das sind Deutschlands schönste Strände“ geschrieben hat, ist noch nie in Schillig gewesen. Oder er war sehr wohl in Schillig, aber der Bildredakteur nicht. Oder der weiß nicht, dass Nordseestrand aus Sand oder Schlick besteht, aber eher nicht aus rotem Buntsandstein. Wie auch immer, die nette Geschichte über den Strand von Schillig mit einem Foto von der Langen Anna auf Helgoland zu kombinieren, taugt jedenfalls gut für die Volontärausbildung in den Redaktionen, um den jungen Leuten zu erklären, was eine „Text-Bild-Schere“ ist. Und fürs Kuriositätenkabinett ist der Screenshot allemal geeignet.